Beratung
Für allgemeine Informationen zum immateriellen Kulturerbe wurde – neben der Beratungsmöglichkeit durch die Deutsche UNESCO-Kommission – im Freistaat Bayern eine eigene Beratungsstelle eingerichtet. Die Stelle ist organisatorisch beim Institut für Volkskunde der Kommission für bayerische Landesgeschichte bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften angesiedelt. Interessierte und Antragsteller können sich auf diesem Weg insbesondere über die Voraussetzungen einer Antragstellung informieren und offene Fragen zum Verfahren klären.
Beratungs- und Forschungsstelle Immaterielles Kulturerbe Bayern
Herr Dr. Helmut Groschwitz
Barer Straße 13
80333 München
Telefon: 089 – 5155 6144
Fax: 089 – 5155 6141
E-Mail: ike@volkskunde.badw.de
Häufig gestellte Fragen
Immaterielles Kulturerbe
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Immaterielles Kulturerbe ist von menschlichem Wissen und Können getragen und wird von Generation zu Generation weitergegeben. Gemeinschaften prägen diese lebendigen Traditionen und entwickeln sie kreativ weiter. Immateriell bedeutet hier „nicht greifbar“, eine kulturelle Ausdrucksform ist nicht „dinglich“ wie Baudenkmäler, Kultur- oder Naturlandschaften.
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Das UNESCO-Übereinkommen zur Erhaltung des Immateriellen Kulturerbes wurde 2003 verabschiedet und von 183 Staaten unterzeichnet. Es fördert die Sichtbarkeit und Weiterentwicklung dieses lebendigen Erbes, z. B. durch die internationalen UNESCO-Listen oder über Einträge in nationale Verzeichnisse.
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Bereiche, in denen immaterielles Kulturerbe zum Ausdruck gebracht wird:
- mündliche überlieferte Traditionen und Ausdrucksformen (einschließlich Sprache als Trägerin des immateriellen Kulturerbes),
- darstellende Künste,
- gesellschaftliche Bräuche, Rituale, Feste,
- Wissen und Bräuche in Bezug auf die Natur und das Universum,
- traditionelle Handwerkstechniken,
- Formen gesellschaftlicher Selbstorganisation (z. B. Genossenschaften)
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Immaterielles Kulturerbe wird von Generation zu Generation weitergegeben, ist zeitgenössisch und zukunftsgerichtet zugleich. Im Zentrum stehen die Menschen, ihr Wissen und Können sowie deren Weitergabe. Die lebendigen Traditionen wirken identitätsstiftend und gemeinschaftsfördernd. Sie stehen im Einklang mit den internationalen Menschenrechtsübereinkünften.
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Nein, als „Welt(kultur)erbe“ gelten ausschließlich Baudenkmäler, Stadtensembles sowie Kultur- und Naturlandschaften.
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Als „Immaterielles Kulturerbe der Menschheit“ werden nur die kulturellen Ausdrucksformen bezeichnet, die auf die internationale Repräsentative Liste der UNESCO aufgenommen wurden. Die im Bundesweiten Verzeichnis sowie im Bayerischen Landesverzeichnis aufgeführten kulturellen Ausdrucksformen werden lediglich als „Immaterielles Kulturerbe“ bezeichnet.
Erhalt
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Immaterielles Kulturerbe ist an Menschen und deren Überlieferungen gebunden. Es unterliegt den Einflüssen gesellschaftlicher, technologischer und wirtschaftlicher Wandlungsprozesse. Gelebtes immaterielles Kulturerbe fördert den positiven Umgang mit kultureller Vielfalt. Die Bandbreite kultureller Wissens-, Ausdrucks- und Praxisformen ist Zeichen des Reichtums einer Gesellschaft im Sinne ihrer Handlungs- und Entwicklungspotenziale.
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Nein, bei der Erhaltung im Sinne des Übereinkommens geht es nicht darum, einen bestimmten Zustand zu konservieren. Vielmehr sollen die kulturellen Ausdrucksformen durch fortwährende Weiterentwicklung und Weitergabe lebendig und lebensfähig bleiben. Immaterielles Kulturerbe ist dynamisch. Es wird kreativ und innovativ an veränderte Umstände angepasst. Auch Folklorisierung ist nicht im Sinne des UNESCO-Übereinkommens.
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Die Aufnahme einer Kulturform in ein Verzeichnis fördert deren öffentliche Wahrnehmung und würdigt das Engagement der Trägergruppe. Das Bewusstsein für die Kulturform, aber auch für das immaterielle Kulturerbe allgemein wird gestärkt. Eine direkte finanzielle Unterstützung ist damit nicht verbunden. Mit der Eintragung in ein Verzeichnis ist weder ein rechtlicher Schutz noch eine rechtliche Verpflichtung verbunden. Die Anerkennung kann aber genutzt werden, um Ressourcen zu akquirieren. Für nicht-kommerzielle Aktivitäten können die Träger der Kulturformen im Bayerischen Landesverzeichnis sowie im Bundesweiten Verzeichnis ein entsprechendes Logo nutzen.
UNESCO
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Die UNESCO ist die Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation. Sie ist eine von 15 Sonderorganisationen der Vereinten Nationen und hat ihren Sitz in Paris. Sie wurde 1945 aus den Erfahrungen des Zweiten Weltkrieges gegründet mit dem Ziel, durch die Förderung von Kultur und Bildung friedensstiftend zu wirken.
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Als einzige UN-Sonderorganisation verfügt die UNESCO über ein weltweites Netzwerk von Nationalkommissionen. Diese sind die zentrale Schnittstelle zwischen Staat, Zivilgesellschaft und der UNESCO. Die Deutsche UNESCO-Kommission hat ihren Sitz in Bonn.
Listen und Verzeichnisse
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Es gibt drei Listen auf internationaler Ebene, die jedes Jahr erweitert werden und derzeit 730 Einträge enthalten:
- „Repräsentative Liste des Immateriellen Kulturerbes der Menschheit“
- „Liste des dringend erhaltungsbedürftigen Immateriellen Kulturerbes“
- „Register Guter Praxisbeispiele“
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Deutschland verzeichnet derzeit zehn Einträge auf den UNESCO-Listen des Immateriellen Kulturerbes:
- Hebammenwesen (mit 7 weiteren Staaten)
- Manuelle Glasfertigung (mit 5 weiteren Staaten)
- Traditionelle Bewässerung (mit 6 weiteren Staaten)
- Bauhüttenwesen (mit 4 weiteren Staaten)
- Genossenschaftsidee & -praxis
- Orgelbau und Orgelmusik
- Falknerei (mit 23 weiteren Staaten)
- Blaudruck (mit 4 weiteren Staaten)
- Moderner Tanz
- Flößerei (mit 5 weiteren Staaten)
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Die Bundesrepublik Deutschland ist dem UNESCO-Übereinkommen zur Erhaltung des Immateriellen Kulturerbes im Jahr 2013 beigetreten. Das Bundesweite Verzeichnis mit derzeit 150 Einträgen zeigt beispielhaft, welche lebendigen kulturellen Ausdrucksformen in Deutschland praktiziert und weitergegeben werden. Es würdigt kreative und inklusive immaterielle Kulturformen und deren reichen Schatz an Erfahrungswissen. Das Bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes ist kein Verzeichnis der UNESCO.
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Neben dem bundesweiten Verzeichnis für Deutschland gibt es ein eigenes Bayerisches Landesverzeichnis, das derzeit 82 Eintragungen enthält. Es dient dazu, den kulturellen Reichtum in Bayern sichtbar zu machen, das öffentliche Bewusstsein dafür zu stärken und das Engagement der Menschen wertzuschätzen. Das Bayerische Landesverzeichnis ist ebenfalls kein Verzeichnis der UNESCO.
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Kulturelle Ausdrucksformen können als Kulturform oder als Gutes-Praxis-Beispiel eingetragen werden. Beide Kategorien sind gleichwertig, aber der Fokus ist ein anderer. Bei der Eintragung als Kulturform geht es um die lebendige Tradition an sich. Mit der Eintragung als Gute-Praxis-Beispiel werden erfolgreiche und innovative Modellprogramme sichtbar gemacht, die zur nachhaltigen Entwicklung, Pflege und Weitergabe immateriellen Kulturerbes beitragen. Der Ausdruck „kulturelle Ausdrucksform“ umfasst hierbei sowohl die Kulturform als auch das Gute-Praxis-Beispiel.
Verfahren
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Alle zwei Jahre können im Rahmen bundesweit einheitlicher Bewerbungsphasen Gemeinschaften, Gruppen und ggf. Einzelpersonen, die eine kulturelle Ausdrucksform ausüben, einen Aufnahmeantrag einreichen. In Bayern ist hierfür das Bayerische Staatsministerium der Finanzen und für Heimat zuständig. Die Bewerbungen werden auf Grundlage des Übereinkommens von einem unabhängigen Expertengremium begutachtet. Auf Basis dieser Empfehlung wird über eine Aufnahme in das Landesverzeichnis sowie die Nominierung für das Bundesweite Verzeichnis entschieden.
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Im Rahmen einer Bewerbungsphase kann jedes Bundesland in der Regel bis zu vier kulturelle Ausdrucksformen für das Bundesweite Verzeichnis nominieren. Die Kulturministerkonferenz erstellt aus diesen Aufnahmevorschlägen eine Gesamtliste. Sie beschließt anschließend auf Grundlage der Empfehlungen des unabhängigen Fachkomitees Immaterielles Kulturerbe bei der Deutschen UNESCO-Kommission über die Aufnahmen in das Bundesweite Verzeichnis sowie über die deutsche Nominierung für eine Aufnahme in die weltweiten UNESCO-Listen.
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Für eine der drei internationalen Listen des Immateriellen Kulturerbes können von der Bundesrepublik Deutschland einzelne, ausgewählte kulturelle Ausdrucksformen nominiert werden, die erfolgreich in das Bundesweite Verzeichnis aufgenommen worden sind.
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Aktuelle Informationen zum immateriellen Kulturerbe in Bayern sowie zum Bewerbungsverfahren finden Sie unter www.ike.bayern.de. Bei weiteren Fragen können Sie sich gern an ike@stmfh.bayern.de wenden. Zudem hat der Freistaat Bayern die Beratungs- und Forschungsstelle Immaterielles Kulturerbe Bayern (ike@volkskunde.badw.de) eingerichtet. Interessierte und Antragsteller können sich auf diesem Weg insbesondere über die Voraussetzungen einer Antragstellung informieren und offene Fragen zum Verfahren abklären.
Grundlage: Deutsche UNESCO-Kommission; Häufige Fragen zum immateriellen Kulturerbe: unesco.de/sites/default/files/2023-03/IKE_FAQs.pdf
Anpassung: Bayerisches Staatsministerium der Finanzen und für Heimat